Autohaus 2.0 - Mobilitätsagenten der Zukunft?

Der Verkauf von Kraftfahrzeugen machte 2017 ein Marktvolumen ca. 172 Mrd € aus-ein weiteres Wachstumsplus. Die Lage der Handelsbetriebe könnte jedoch ambivalenter nicht sein: die Margen sind mit durchschnittlich ca. 0,5-0,8 % auf dem Tiefpunkt. Und doch richten sich die Händler auf Wachstum in den herkömmlichen Geschäftsbereichen Verkauf Neuwagen/Gebrauchte, Service und Teilevertrieb ein. Die Taktik heißt scheinbar Flucht nach vorne. Wie kann das sein, wenn doch der Markt stagniert und die Prognosen für das Kundenverhalten und die Fahrzeugnutzung nicht auf dieses Geschäftsmodell einzahlen?

Wenn man einen Handelsbetrieb betritt, sieht man maximal ausgenutzten Raum, auf dem möglichst vielfältig die Produktpalette dargeboten wird. Die Besuchszahlen im stationären Handel nehmen jedoch ab. Im derzeitigen Verkaufsprozess betreten die Kunden 1-2 Mal das Autohaus. Der Rest erfolgt online. Damit gehen wertvolle Bezugspunkte verloren, um dem Kunden weitere spannende Services anzubieten, was zu mehr Bedeutung beim Kunden führen könnte. Insgesamt fällt die Kommunikation der Autohäuser zuweilen reaktiv aus.
Bisher hat mich niemand wegen meines Reifenwechsels angerufen und mir mögliche Zusatzangebote unterbreitet. Warum eigentlich nicht? Es ist kein neues Konzept absehbar. Der klassische Handel verliert beim Konsumenten an Relevanz. Warum sollte ich auch als Kunde ein Autohaus betreten wollen? Das führt über kurz oder lang zu einem ernsten, teilweise existenzbedrohenden Problem.

Die provokante und doch offensichtliche Schlussfolgerung im Vergleich zu Geschäftsmodellen der Digital Economy: Autohäuser sind Oldschool. Sie erreichen Ihre Kunden zu wenig, um den Unterschied auszumachen. Viele Autohäuser kennen ihre Situation. Es handelt sich also nicht um ein Erkenntnis- sondern um ein Umsetzungsproblem. Wie muss also ein zukünftiges Konzept für den Autohandel aussehen, damit Handelsbetriebe sich trauen als First Mover zu agieren?
Bleiben wir dabei, dass der Handel außer den typischen Kontaktpunkten wie Kauf eines Fahrzeugs, Service, Reifenwechsel wenig Anlass bietet das Autohaus zu besuchen, geschweige denn pro aktiv dazu auffordert. Warum?

Ich sehe den Handel in Zukunft neben den Leistungen, die ihn ausmachen, als Servicestation für Leistungen des täglichen Lebens. In erster Linie ist sicherlich das Thema Mobilität interessant. Autohändler könnten in Zukunft die Rolle des Mobilitätsagenten annehmen. Nehmen wir den Anbieter whim. Dieser bietet in UK, Belgien und Finnland eine App, mit der ich nahezu alle Mobilitätsangebote über einen Bezugspunkt nutzen kann. Ein spannender, nicht einfach zu realisierender Ansatz, letztlich aber zukunftsgewandt. Die Leistung von Automobilhändlern könnte in der individuellen Beratung zur Mobilität liegen. Welche Gewohnheiten hat der Nutzer, über welches Bugdet verfügt er, welche geografischen Voraussetzungen liegen vor u.v.m. Eine kostenlose Beratung könnte den Einstieg in die zukünftige Wahrnehmung als bedeutsamer Partner des alltäglichen Lebens darstellen. Es gilt die Barrieren, die ein Autohaus für viele darstellt, abzubauen und den Weg für täglichen Kontakt freizumachen. Für Leistungen, die ein Autohaus selbst abbilden kann, macht es das Geschäft selbst: Car Sharing, Ersatzwagengeschäft, Vermietgeschäft. Für Leistungen, die darüber hinaus gehen, tritt es als zentraler Mittler auf: Roller, Fahrräder, Bahn und Flug.

Das Konzept dahinter kann sich an das von klassischen Maklern anlehnen: Anbieterunabhängig die besten Leistungen eruieren und dem Kunden so ein auf seine Bedürfnisse optimal zugeschnittenes Mobilitätspaket anzubieten. Die Beratungsleistung ist für den Kunden kostenlos, der Händler verdient an den Vermittlungen und baut neue Kontakte auf. Dieser Ansatz könnte nicht nur im B2C Bereich, sondern auch im B2B Bereich umgesetzt werden.

Erfolgreiche Geschäftsmodelle bieten einen klaren Nutzen und lösen Probleme für den Kunden. Der Fahrzeugkauf an sich, wird in der Zukunft ein notwendiges Übel sein. Mobilität kosteneffizient auszuplanen und Zusatzleistungen zu platzieren, löst klar das Problem vieler Kunden, die sonst zu einzelnen Anbietern wie Sixt, Drive Now etc. abwandern. Warum nicht eine Plattform für Mobilitätsangebote darstellen?

Der Ansatz des Mobilitätsagenten ist einer der naheliegensten des Autohandels. Klar ist, dass sich Mobilität und die Kundenbedürfnisse hinsichtlich der Kommunikation verändern. Mit einem solchen Ansatz lernen Autohändler ihre Kunden zu verstehen, neue Daten zu aggregieren, neue Kunden zu erschließen und legen die Grundlage für einen höheren Stellenwert in der Wahrnehmung ihrer Kunden.

Quelle: Hofer Automotive GmbH